Neuer Bericht von Rhodium Group und MERICS: Chinesische Investitionen in Europa sinken 2020 auf tiefsten Stand seit zehn Jahren
2021 setzt sich der Trend bislang fort
Im vergangenen Jahr sind chinesische Direktinvestitionen in der Europäischen Union und Großbritannien deutlich geringer ausgefallen als in den Vorjahren. Erwartungen, dass die Covid-19-Pandemie einen Anstieg chinesischer Ankäufe auslösen würden, haben sich nicht erfüllt. Chinas globale Fusions- und Übernahmeaktivitäten (Merger & Acquisitions, M&A) sanken 2020 auf ein 13-Jahres-Tief mit einem Transaktionsvolumen von rund 25 Milliarden Euro. Das sind 45 Prozent weniger als noch im Jahr 2019.
Einen Rückgang von 45 Prozent verzeichneten auch chinesische Direktinvestitionen (FDI) in der Europäischen Union und Großbritannien. Diese sanken von 11,7 Milliarden Euro (2019) auf 6,5 Milliarden Euro. Damit fielen die chinesischen Investitionen in Europa ein Zehn-Jahres-Tief. Investitionen in Neuansiedelungen, sogenannte Greenfield-Investitionen erreichten hingegen mit knapp 1,3 Milliarden Euro den höchsten Stand seit 2016.
Dies sind die wichtigsten Erkenntnisse des Berichts “Chinese FDI in Europe: 2020 Update”, der heute von der Rhodium Group und MERICS gemeinsam veröffentlich wurde. Verfasst wurde dieser von Agatha Kratz (Rhodium Group), Max J. Zenglein (MERICS) und Gregor Sebastian (MERICS).
Deutschland, Frankreich und Großbritannien sind in Europa immer noch die wichtigsten Zielländer für chinesische Direktinvestitionen. Deutschland liegt an der Spitze. Großbritannien, auf dem dritten Platz, verzeichnete einen Rückgang der Direktinvestitionen aus China um 77 Prozent. Polen, durch eine große Akquisition befördert, war im vergangenen Jahr ein neuer wichtiger Hauptempfänger.
Kleinen und mittlere Transaktionen dominierten 2020, auch verteilten sich die chinesischen Investitionen gleichmäßiger auf die Sektoren als in diesem Jahr. Die ersten drei Plätze belegten Infrastruktur, Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) und Elektronik.
Staatliche chinesische Unternehmen (SOEs) machten 18 Prozent der gesamten Direktinvestitionen aus China nach Europa aus. Sie erhöhten ihren Anteil. Die privaten Investitionen hingegen brachen um 50 Prozent ein.
Die EU-Mitgliedstaaten unterzogen die chinesischen FDI einer stärkeren Kontrolle: 14 Mitgliedstaaten, darunter Italien, Frankreich, Polen und Ungarn, verschärften im vergangenen Jahr ihre Prüfmechanismen für Direktinvestitionen aus Drittländern. Mehrere geplante Übernahmen durch chinesische Unternehmen kamen nicht zustande.
Im laufenden Jahr bahnt sich bislang eine Fortsetzung des Trends an: Chinesische FDI-Aktivitäten in Europa gingen 2021 im ersten Quartal weiter zurück. Europa bleibt ein attraktiver Investitionsstandort, aber die anhaltenden Störungen durch die Pandemie, hohe Hürden für Kapitalabflüsse aus China und größere regulatorische Hindernisse für FDI in Europa tragen weiter dazu bei, dass chinesische Investitionen sich auf einem niedrigeren Niveau bewegen. Die angespannten und sich verschlechternden Beziehungen zwischen der EU und China könnten für chinesische Investoren in Zukunft zusätzlichen Gegenwind bringen.
Den vollständigen Bericht “Chinese FDI in Europe: 2020 Update“ können Sie hier online lesen.